Gäubote Herrenberg / 6. Juli 2001 / von Gabriele Pfaus-Schiller
Die Diplomarbeit ist ein Teil der Exposition
Zu Ehren ihres Kunstleherers Georg Györfi: Ausstellung zweier ehemaliger Schüler im Schickhardt Gymnasium
Bildreliefs in grellen Farben und geradezu aufdringlicher Plastizität, Zeichnungen,
meist von Autos, Tuschemalerei, Collagen und ein schnittiges Modell
eines PKW - eine ungewöhnliche Mischung von Kunst und Design wird zur
Zeit im Schickhardt-Gymnasium auf Initiative des Vereins der Freunde des
SGH ausgestellt.
von Gabriele Pfaus-Schiller
Die Werke stammen von zwei ehemaligen Abiturienten des Jahres 1983, Martin
Bremer und Bernhard Walz, die aus einem wichtigen Grund mit den Früchten ihrer
beruflichen Arbeit dorthin zurückgekehrt sind: Georg Györfi, Kunsterzieher am
Schickhardt-Gymnasium und ihr Lehrer im Leistungskurs Kunst, geht zum Schuljahresende
in Pension. Bescheiden wollte er beiseite treten und seinen ehemaligen Schülern die Ehre angedeihen lassen -
doch was wäre eine Hommage ohne den, dem sie gilt.
So dachte Györfi bei der kleinen, aber gut besuchten Vernissage laut nach über die Vorsilbe Kunst: „Habe ich kunstvoll
erzogen? Oder die Kunst erzogen?“ Nein, und das bezeugen die beiden in anschaulicher Weise: Györfi ist ein Kunsterzieher,
dem es gelingt, zur Kunst hinzuführen - und so hat er Wesentliches zu ihrer gestalterischen Berufswahl beigetragen. Martin
Bremer hat Kfz-Design - modern ausgedrückt: Transportation-Design - studiert. Seine Wahl, so betont er, stand in der achten
Klasse fest. Da formten die Liebe zum Auto, die häuslich gepflegte Zeichenkunst und das Vorbild des Kunsterziehers sich
zum klaren Berufsziel. „Er hat uns nicht nur Inhalte vermittelt,“ erinnert er sich, „sondern das Handwerk gelehrt, das Sehen
und das Umsetzen in die zweidimensionale Fläche“.
Wichtig war für Bremer, dass sein Lehrer auch verwandte Disziplinen, also etwa die angewandte Kunst, gelten ließ. Heute
ist Bremer bei DaimlerChrysler auf dem Spezialgebiet Innenausstattung tätig. Seine Diplomarbeit, ein formschnittiger Personenwagen,
ist Teil der Ausstellung: Ein Service-freundliches Auto, bei dem die Antriebseinheit hinten ist. So kann das
Hinterteil in der Werkstatt bequem ausgetauscht werden, beispielsweise gegen eines mit anderer Antriebsart.
Daneben zeigt er Collagen, so genannte „Imageboards“ und Zeichnungen: Eine Ahnentafel seiner Lehrer etwa, auf denen
er ihre Köpfe prägnant zeichnerisch verewigt hat, außerdem ein Landschaftsbild - früher Ausflug ins Revier der Malerei.
Ausflüge in die Disziplin des anderen hatte auch Bernhard Walz, freischaffender Künstler und Mitglied der Stuttgarter
Künstlergruppe „maximal“, in der Schulzeit unternommen. Das bezeugen einige Zeichnungen, in denen er seinen Formsinn
am Beispiel Auto illustriert. Zur Hauptsache aber zeigt er Bildreliefs, die er mit dicker Acrylfarbe auf Holzplatten malt. Sie
wirken auf den einen wie eine chaotische Farborgie, auf den anderen wie ein klebrig-süßes, knallbuntes Formenspiel. Farben
und Formen fließen aus seinem Pinsel oder Spachtel und entfalten ganz selbstverständlich ihr eigenes Temperament, ihre
eigene Dynamik, entwickeln eigene Gesetzmäßigkeiten.
Es geht nicht darum, die Farben zu benutzen und vorgegebenen, bekannten Formen unterzuordnen. Walz setzt die Farben
frei, damit sie ihre eigene Form finden. Soentstehen wie erstarrt wirkende Wellen und Schlieren, bahnen sich Farbmassen,
-wogen und -fäden ihren Weg durch glatte Flächen oder raues Farbgebirge. Die Bildreliefs wirken leicht, man spürt, dass sie
sich aus sich selbst ergeben, es ist nichts Gewolltes darin. Auch die Außenform verweigert sich dem Üblichen: Kein gerader
Rand, kein Rahmen, vielmehr ergibt sie sich aus der Bildform: wenn die Acrylmasse erkaltet ist, wird sie ausgesägt.
Der feinfühlige Umgang mit Farben mag seine Wurzeln auch im einstigen Kunstunterricht haben: Sein Kunsterzieher war ihm Vorbild,
mit der Kunst zu leben. Mit welcher Begeisterung Györfi über Bilder und andere Kunstwerke sprach, das hat auch ihn für die Kunst begeistert. Die
Ausstellung mag auch heutigen Schülern des Gymnasiums einen Fingerzeig bieten für die spätere
Berufswahl - interessant und anregend ist sie jedenfalls.
Die Werke der beiden ehemaligen Schüler können noch bis zum 13. Juli im ersten Stockwerk des Schickhardt-Gymnasiums
besichtigt werden.
Gabriele Pfaus-Schiller